Das wunderbare Jahr der Anarchie
Von der Kraft des zivilen Ungehorsams 1989/90
Von Christoph Links, Sybille Nitsche und Antje Taffelt
Berlin: Ch. Links Verlag, 2009, 2. Aufl. 240 Seiten, 37 Abb. Broschur, ISBN: 978-3861533337, Gebraucht, sehr gut erhalten.
Beschreibung:
Es war zwar verboten, aber wir haben es trotzdem gemacht! Unter diesem Motto ist in Ostdeutschland zwischen Herbst 1989 und Herbst 1990 Geschichte geschrieben worden. Den erstarrten Verhältnissen in der DDR war nur beizukommen, wenn man sich über alte Regeln hinwegsetzte und das Neue mutig wagte. So wurden kurzerhand Bürgermeister und Betriebsleiter entmachtet, Kasernen und Gefängnisse belagert, Geheimdienstzentralen besetzt und Redakteursräte organisiert, Bürgerbewegungen und neue Parteien gegründet. Plötzlich spürten viele ihre Kraft und starteten in die spannendste Zeit ihres Lebens.
Dutzende dieser Erinnerungen sind im vorliegenden Buch zusammengetragen worden, die das überraschende Ausmaß an Phantasie und kreativem Potential jener Zeit verdeutlichen, aber auch die Absurdität und Komik mancher Situation belegen.
- Es war verboten, aber wir haben es trotzdem gemacht. Vorwort [11]
- Aktion gegen die Wahlfarce. In einer Nacht vor den Kommunalwahlen am 7. Mai 1989 kleben in Berlin drei junge Leute Protestplakate. [13]
- Willis Eiland. In der Müritz improvisiert das Volk ein kleines Südseeparadies - sehr zum Ärger der Staatsmacht. [17]
- Ein ketzerisches Flugblatt. Im September 1989 folgen die Einwohner im thüringischen Arnstadt einem anonymen Aufruf zu einer illegalen Kundgebung. [19]
- Das schwarze Kreuz. Am Tag vor dem 40. Jahrestag der DDR setzen eine Frau und ein Mann in Berlin ein Zeichen der Trauer. Das ruft den Geheimdienst auf den Plan. [24]
- Der Tag der Angst. Als am 9. Oktober 1989 die Situation in Leipzig in blutige Gewalt umzuschlagen droht, verfassen sechs Leipziger Persönlichkeiten einen Appell zu Besonnenheit und friedlichem Dialog. [27]
- Von der Kolonie zur Selbstbestimmung. Im sächsischen Kurort Gohrisch erzwingen die Einwohner die Öffnung eines Gästeheims des Ministerrates und stellen eine lokale Parallelregierung auf. [38] Neue Räume für alternative Kunst. Junge Künstler eröffnen in den besetzten Räumen eines Mietshauses in Berlin-Prenzlauer Berg die Galerie ACUD. [48]
- Zu Besuch am Hofe eines sozialistischen Feudalherrn. Hunderte Menschen ziehen zum Jagdsitz des einstigen Regierungschefs Willi Stoph und fordern während einer Bürgerversammlung in Waren die Abschaffung der Staatsjagd. [54] Dorfrepublik Rüterberg. Die Bürger einer kleinen Gemeinde im nördlichen Grenzgebiet an der Elbe erklären ihren Ort zur freien Republik nach eidgenössischem Vorbild. [60]
- Gerechtigkeit für die Heilige Elisabeth. In Freyburg an der Unstrut ertrotzen sich Bürger Einlass in die seit Jahren abgeriegelte Neuenburg. Es ist der Beginn einer atemberaubenden Rettungsaktion. [66]
- Redakteursräte und Doppelherrschaft. Im staatlichen Rundfunk erzwingen die Redakteure ein Mitspracherecht und bilden eigene Kontroll- und Entscheidungsgremien. [72]
- Auf den Spuren des KoKo-Chefs. Eine junge Frau initiiert die Gründung einer unabhängigen Untersuchungskommission, um die Machenschaften des Imperiums von Devisenbeschaffer Schalck-Golodkowski aufzuklären. [78]
- Knast-Revolte. In Bautzen II, dem Gefängnis für politisch Inhaftierte, treten die Häftlinge in einen Hungerstreik und gründen einen Gefangenenrat. [84]
- Vom Info-Blatt zur unabhängigen Zeitung. Vier Aktive gründen aus dem Nichts eine Zeitung und einen Verlag, die Bürgerbewegungen erhalten eigene Öffentlichkeit und unabhängige Medien. [91]
- Den Geheimdienst aus dem Ort gejagt. Das Bürgerkomitee in Gosen löst die weit verzweigten Stasi-Dienststellen auf und gründet die erste lokale GmbH. [98] Befreiungsschlag einer Genossin. Eine Lehrerin weigert sich, vor den Karren der alten Parteikader gespannt zu werden. [107]
- Sturm auf die Stasi-Festung. In Frankfurt (Oder) organisieren zwei Frauen den Widerstand gegen die Vernichtung von Geheimdienstakten. [109]
- Von einem der auszog, Verbotenes zu tun. Der Christdemokrat Werner Henning schafft die alte Macht im Eichsfeld kurzerhand ab, öffnet Grenzübergänge und verhandelt über einen separaten Anschluss an den Westen. [115]
- Herausforderung eines Giganten. In Leipzig erzwingen zwei Bürgerinitiativen die Stilllegung des Tagebaus Cospuden. Da, wo die Bagger aufhörten zu schaufeln, ist heute das Ufer eines großen Sees. [120]
- Handel im Wandel. Der Gemüsehändler Voigt aus Erfurt setzt bereits im Januar 1990 sein Recht auf Gewerbefreiheit durch und vollzieht allein die Währungsunion. [127]
- Das Vergehen eines Ministers. Der Physiker und Oppositionelle Sebastian Pflugbeil verschafft sich Zugang zu geheimen Unterlagen über die Atomkraftwerke in der DDR. [134]
- Kalaschnikows zu Kirchenglocken. In der Bauhausstadt Dessau haben es sich fünf Männer in den Kopf gesetzt, Panzerbüchsen und Gewehre zu vernichten. Den Abgesandten der Regierung zwingen sie zur Kapitulation. [141]
- Protokoll mit kirchlichem Siegel . In dem kleinen Ort Mildensee vollzieht sich lange vor der Volkskammerwahl im März 1990 ein wahrhaft historisches Ereignis - die erste wirklich freie Wahl in der DDR. [148]
- Die Belagerung. In Prenzlau legen sich Bürger mit der allmächtigen sowjetischen Besatzungsmacht an. Sie demonstrieren vor der Kaserne und verlangen die Einlösung eines Versprechens. [153]
- Schluss mit Strammstehen. Matrosen der Volksmarine unterwandern die Befehlsgewalt und gründen den »Ersten Matrosen- und Soldatenrat«. [159]
- Der mühsame Weg zum Recht. Detlef Grabert, Mitbegründer des Neuen Forums in Strausberg, erkämpft die Rehabilitierung von zu Unrecht Verurteilten. [164] Vertreibung aus dem Amt. In Rostock lässt sich der Runde Tisch auf einen Machtkampf mit dem alten Regime ein — und gewinnt. Oberbürgermeister und Stadtschulrat müssen zurücktreten. [171]
- Witz kontra Betonköpfe. Ein Ingenieur des VEB Chemieanlagenbaus Leipzig-Grimma verarbeitet die Vergangenheit in einer Glosse für die Betriebszeitung. [178]
- Hungerstreik in Erfurt. Drei junge Männer wollen mit einem radikalen Protest die Überprüfung der Parlamentsabgeordneten auf eine Stasi-Mitarbeit erzwingen. [181]
- Vom Leichenwäscher zum Armeeauflöser. Der Wehrdienstverweigerer Werner Ablaß wird über Nacht zum Staatssekretär im Ministerium für Abrüstung und Verteidigung und muss ungewohnte Entscheidungen treffen. [188]
- Enthüllung eines Verbrechens. Mit der Wende deckt eine Frau eines der dunkelsten Kapitel der DDR-Geschichte auf: die Vertreibung Tausender Menschen aus den Grenzgebieten. [196]
- Aktion Lupine. Drei Berliner wollen entlang der Mauer eine blühende Landschaft erschaffen und bringen die Grenzsoldaten dazu, säend über den Schutzstreifen zu ziehen. [202]
- Der Mann, der Züge stoppt. Der Eisenbahner Christian Bormann erzwingt den Halt des ersten Intercity von West nach Ost in Weimar, der Stadt der deutschen Klassik. [206]
- Die Blockade. Die Schönwalder legen eine Fernverkehrsstraße lahm, um das einstige Gästehaus des Stasi-Chefs Mielke in eine sprudelnde Geldquelle für die Gemeinde zu verwandeln. [209]
- Kampf um Nationalparks. Naturschützern gelingt es, in einem schier aussichtslosen Wettlauf mit der Zeit einmalige Landschaften zu retten. [212]
- Vom kurzen Glück vollkommener Freiheit. Ein Lehrer in Berlin lässt das entmündigende Erziehungssystem der DDR hinter sich und gründet eine unabhängige Schule, die nach der Vereinigung mit den Gesetzen der Bundesrepublik kollidiert. [219]
- Einmischung als Bürgerpflicht. Mit der Besetzung von Archivräumen des MfS verhindern Bürgerrechtler im Herbst 1990, dass die Stasi-Akten im Bundesarchiv weggeschlossen werden. [226]
- ANHANG: Chronik der wichtigsten Ereignisse in der DDR 1989/90 [233]
- Abkürzungsverzeichnis [236]
- Abbildungsnachweis [237]
- Angaben zu den Autoren [238]
Diesen Artikel haben wir am 05.01.2010 in unseren Katalog aufgenommen.