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ISBN: 978-3-89401-724-8
GTIN/EAN: 9783894017248
Verlage: Edition Nautilus
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Anarchistische Praxis und Theorie

Von Uri Gordon

Hamburg: Edition Nautilus, (Febr.) 2010. Aus dem Englischen übersetzt von Sophia Deeg (Original: Anarchy Alive! Anti-Authoritarian Politics from Practise to Theory, Pluto Press). Deutsche Erstausgabe. Broschur, 256 Seiten. ISBN 978-3894017248. Neu-Exemplar - der Titel ist beim Verlag vergriffen!

Beschreibung:

Uri Gordon berichtet von Netzwerken, Graswurzelbewegungen und Organisationen und den dort geführten Debatten. Über das Verhältnis dieser Gruppen zur Gewalt, zur Natur, zum technologischen Fortschritt, und darüber, wie die politische Kultur in der Praxis aussieht und welche Konzepte ausprobiert werden.

Er beschreibt antikapitalistische Zentren und ökofeministische Höfe, Basisorganisationen auf Gemeindeebene, Blockaden internationaler Gipfeltreffen und alltägliche direkte Aktionen. Außerdem stellt er die ungeheure Menge an anarchistischen Publikationen und Websites vor. All diese Netzwerke sind dezentral, horizontal und konsensorientiert organisiert. In Sozialzentren, Gemeinschaftsgärten und Kooperativen bildet sich eine Revolution im Hier und Jetzt heraus. Viele verschiedene Vorstellungen von Anarchie leben im Herzen der globalen Bewegungen, die dabei sind, durch ihre Aktionen eine andere Welt zu schaffen ...

Vorwort [5]

  • Praxis und Theorie [14]

1. Was bewegt die Bewegung? [21]

  • Das A-Wort [23]
  • Organisationsformen [26]
  • Aktionsrepertoires [31]
  • Gegenkulturelle Ausdrucksformen [33]
  • Die politische Sprache [36]
  • Die neue Schule [38]

2. Anarchism Reloaded. Netzwerk-Konvergenz und politischer Inhalt [49]

  • Herrschaft und Verweigerung [50]
  • Vorwegnehmende Politik als direkte Aktion [58]
  • Vielfalt und Ergebnisoffenheit [67]

3. Macht und Anarchie. Un/Gleichheit & Un/Sichtbarkeit in autonomer Politik [75]

  • Drei Arten der Macht [78]
  • Macht-über als Herrschaft [80]
  • Macht-zu als Fähigkeit [83]
  • Macht-mit als Einfluss ohne Zwang [86]
  • Gleichheit und »Politische Ressourcen« [89]
  • Welche Tyrannei? [98]
  • Dezentralisierung versus Verantwortlichkeit [104]
  • Plenum und Lagerfeuer [112]

4. Peace, Love und Mollies. Noch einmal: Anarchismus und Gewalt [121]

  • Eine verworrene Debatte [123]
  • Abklären der Definitionen [134]
  • Die Grenzen der Rechtfertigung [142]
  • Ermächtigung, Rache und bewaffneter Kampf [152]

5. Maschinenstürmer, Hacker und Gärtner Anarchismus und Technologie [161]

  • Anarchisten und Technologie [163]
  • Macht und Maschine [167]
  • Der Fall Nanotechnologie [179]
  • Die Aktualisierung der Kritik [183]
  • Luddismus [186]
  • Hacken, Knacken und e-Piraterie [190]
  • Low-Tech-Magie [197]

6. Heimatland? Anarchie und gemeinsamer Kampf in Palästina/Israel [201]

  • Anarchismus in Israel/Palästina [202]
  • Anarchismus, Nationalismus und neue Staaten [217]
  • Alternativen [227]

ANHANG:

  • Bibliografie [237]
  • Danksagung [254]
Die DadAWeb-Buchempfehlung:

Anarchism Reloaded oder Anarchy Alive?

(...) „Hier und Jetzt!“ will ein anarchistisches Buch über Anarchismus sein, und das Hauptanliegen seines Autors ist es, einen Beitrag zur anarchistischen politischen Theorie zu leisten. Die anarchistische politische Theorie, auf die sich Gordon bezieht, um sich dem neuen „Anarchismus“ anzunähern, hat ihre Wurzeln überwiegend in der angloamerikanischen anarchistischen Bewegung und ihrer Literatur. Gleichzeitig fließen in die Studie, seine Erfahrungen ein, die er in der Bewegung der radikalen Globalisierungskritiker in Europa sammelte, was zu einem Brückenschlag zwischen angloamerikanischer Theoriediskussion und kontinentaleuropäischem Aktionsanarchismus führt. Dabei wird Manches anders als hierzulande und einiges sogar neu buchstabiert.

In seiner Studie untersucht Gordon die Entwicklung anarchistischer Gruppen, Aktionen und Ideen der letzten Jahre. Er versucht dabei aufzuzeigen, was eine Theorie, die auf der Praxis aufbaut, für die zentralen Debatten und Problemstellungen leisten kann, die die Bewegungen heute umtreiben. (...)

Der neue Anarchismus, wie ihn Gordon definiert, ist ein theoretisches Konstrukt. Denn die Bewegung, die der Autor als die neue anarchistische Bewegung untersucht und beschreibt, versteht sich von ihrem Selbstverständnis her wohl eher selten als „anarchistisch“. Der Begriff „Anarchismus“ dient Gordon als ein theoretischer Sammelbegriff, unter dem die unterschiedlichsten Einzelbewegungen, wie z.B. die Ökologiebewegung, der Feminismus, die Schwulenbewegung, die Bewegung für Tierrechte, der „Schwarze Block“ und nicht zuletzt auch die formellen und informellen Gruppen der erklärten Anarchisten und Anarchistinnen als eine gemeinsame soziale Bewegung berücksichtigt werden. (...)

Unbestritten bleibt jedoch, dass es in dieser bunten rebellischen neuen sozialen Bewegung, die sich seit einigen Jahrzehnten als Alternative zu den bestehenden Herrschaftssystemen gebildet und artikuliert hat, ein diffuses anarchistisches Milieu gibt. Ich würde es allerdings eher als ein anarchisches Milieu bezeichnen. Denn wie Gordon selbst auch einräumt, orientieren sich nur die Wenigsten in dieser Bewegung explizit am Anarchismus welcher Spielart auch immer. Was Gordon in seiner Studie beschreibt, ist eher die Kultur einer intuitiv gelebten Anarchie und weniger eine bewusst reflektierte ideologische Einstellung, wie sie etwa von den erklärten Anarchisten vertreten wird. Das ändert nichts am Phänomen der Rückkehr einer Kultur der Anarchie , für das sich auch in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen Belege finden lassen. Die Differenzierung zwischen anarchisch und anarchistisch hilft jedoch politische Fehlinterpretationen zu vermeiden.
 
Die Untersuchung dieses anarchischen Milieus, das sich zu einem globalen Phänomen der unterschiedlichsten widerständischen Bewegungen entwickelt hat, macht die eigentliche Stärke von Gordons Studie aus. Aus einer quasi anthropologischen Perspektive heraus (tlw. auch in expliziter Anlehnung an die Anthropologen David Graeber und Jeff Juris) versucht Gordon aufzuzeigen, „was die Bewegung bewegt“. Dabei berücksichtigt er die Perspektiven, Dilemmata und Kontroversen der neuen „anarchistischen“ Bewegung, die erst innerhalb der real stattfindenden antiautoritären Kämpfe für gesellschaftliche Veränderungen zutage treten. Eingehend beschäftigt sich Gordon mit der Frage der internen Hierarchien und der Macht innerhalb der Netzwerke dieser Bewegung und verfolgt daran anschließend die Frage nach der Definition, der Rechtfertigung und der Effizienz politisch begründeter Gewalt. Des Weiteren berücksichtigt er die Kontroverse Technologie versus Moderne innerhalb der Bewegung.
 
Im abschließenden Kapitel, das für mich zu dem Spannendsten seines Buches gehört, setzt sich Gordon mit dem Verhältnis des Anarchismus zu den nationalen Befreiungsbewegungen auseinander. Diese für Anarchisten in vielerlei Hinsicht heikle Problematik erläutert er am besonderen Fall Palästina/Israel. Gordon berichtet dabei aus erster Hand von seinen Erfahrungen in einer Gruppe israelischer Aktivisten, die sich bemüht, die Barrieren zwischen israelischen und palästinensischen Gebieten abzubauen. Seit Beginn der zweiten Intifada konzentrieren sich die Aktivitäten dieser Gruppe auf die Besatzung in Palästina und wendeten sich insbesondere gegen den Bau der Apartheids-Mauer, was auch zu ihrer späteren Namensgebung „Anarchists against the Wall“ führte. Unter den Palästinensern gibt es einige verwandte Seelen und viele Verbündete, aber keine anarchistische Bewegung. Doch hat sich in den letzten Jahren eine Allianz zwischen palästinensischen Gemeinden, israelischen und internationalen Aktivisten gebildet.
 
Natürlich sind in einem Kontext wie dem israelisch-palästinensischen die Aussichten anarchistischer Politik besonders trübe. Jahrzehnte der Besatzung und bewaffneten Auseinandersetzungen haben eine schwer lastende Hypothek der Angst und des Misstrauens hinterlassen. Man versteht Gordon, wenn er schreibt: „Mitten in all dem täglichen Schrecken von Tod und Demütigung, gegenseitiger Unkenntnis, Angst und Hass würde man gerne etwas Positives über die Aussichten für einen »echten Frieden« in der Region sagen können.“ Uri Gordon versucht eine solche positive Perspektive zu entwickeln, indem er für den jüdisch-palästinensischen Konflikt eine „Kein-Staat-Lösung „ aufzeigt, die als jüdisch-palästinensische Graswurzelbewegung das Gemeinsame der Menschen in der Region beansprucht und sich in Richtung direkter Demokratie, einer partizipativen Ökonomie und echter Autonomie für die in ihr lebenden Menschen bewegt.
 
„Hier und Jetzt!“ ist ein Buch, mit dem ich in diversen Aspekten nicht übereinstimme. Dennoch möchte ich es zur Lektüre empfehlen. Es ist ein anregendes Buch mit frischen Ideen, das geeignet ist, die Theorie und die Praxis des Anarchismus einmal grundsätzlich in Frage zu stellen und neu zu überdenken.
 

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Diesen Artikel haben wir am 10.02.2018 in unseren Katalog aufgenommen.