Literatur und Anarchie
Das Streben nach Herrschaftsfreiheit in der europäischen Literatur
vom 19. bis ins 21. Jahrhundert
Herausgegeben von Rainer Barbey und Heribert Tommek
Heidelberg: Synchron Wissenschaftsverlag der Autoren, 2012 (= Diskursivitäten, Band 15), Broschur, 238 Seiten. ISBN: 978-3939381433.
Beschreibung:
Literatur und Anarchie – das ist eine zwielichtige, weit verzweigte, zumeist unterschätzte Liaison. Anliegen des vorliegenden Bandes ist es, das weitgehend vergessene Wechselverhältnis zwischen Kunst/Literatur und politischem Anarchismus in Erinnerung zu rufen, es neu und differenziert zu beleuchten. Thematisiert werden jedoch nicht nur Poetiken der Anarchie, sondern es geht auch um die geschichtlichen Kontexte und um die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen des politischen Anarchismus, der bei genauerem Hinsehen weniger Chaos und Gewalt als vielmehr herrschaftsfreie Ordnung anstrebt. Im Unterschied zu bisherigen Publikationen im deutschsprachigen Raum, die eher punktuell historisch und geographisch verfahren, decken die hier versammelten Studien einen größeren Zeitraum und zudem mehrere europäische Länder ab.
Der historische Bogen reicht politisch von den ersten maßgeblichen Anarchisten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (P.-J. Proudhon, M. A. Bakunin, P. A. Kropotkin, E. Malatesta) bis hin zu anarchistischem Denken nach dem Scheitern sozialistischer Ideen in einem globalisierten Kapitalismus. Literarisch erstreckt sich die damit intendierte Synopse vom ausgehenden 19. Jahrhundert über die Jahrhundertwende und die Entstehung der historischen Avantgarden bis hin zur Literatur der Postmoderne und der Gegenwart. Darüber hinaus erweitert der Band die nationale Perspektive durch Beiträge zur Rezeption anarchistischer Ideen in der deutschen, russischen, italienischen, spanischen, französischen und britischen Literatur. Schließlich wird auch der literaturwissenschaftliche Zugang erweitert durch interdisziplinäre Fragestellungen aus den Bereichen der Philosophie, der Rechtswissenschaft, der Politik und Sozialgeschichte sowie der Kunstgeschichte.
- Rainer Barbey / Heribert Tommek: Literatur und Anarchie – eine liaison dangereuse. Zur Einleitung
- Walter Fähnders: Anarchismus und Boheme
- Hubert van den Berg: Politischer Radikalismus und ästhetische Konvention. Anarchistische Bewegung, Ästhetik, Kunst und Literatur um die vorige Jahrhundertwende
- Martin Löhnig: »Wer die Freiheit der Persönlichkeit zur Forderung aller Menschengemeinschaften erhebt, hat das Recht, sich Anarchist zu nennen«. Erich Mühsams Befreiung der Gesellschaft vom Staat
- Achim Geisenhanslüke: Theologie und Anarchie. Die Sprache der Gerechtigkeit in Walter Benjamins Zur Kritik der Gewalt
- Rainer Barbey: Amoklauf eines preußischen Anarchisten. Anmerkungen zum zweiten Teil von Hermann Brochs Romantrilogie Die Schlafwandler
- Walter Koschmal: Vom Text zur Tat. Zu den literarischen Wurzeln des russischen Anarchismus
- Sebastian Karnatz: Wassily Kandinsky und die Anarchie der Künste
- Isabella von Treskow: Anarchie und Literatur in Italien: Malatesta, Maggiani
- Albrecht Buschmann: Der spanische Anarchismus und seine Literatur. Propaganda der Ideale und Idealisierung der Geschichte
- Carsten Jakobi: Der kurze Sommer der Anarchie. Hans Magnus Enzensbergers Versuch einer anarchistischen Biographistik
- Heribert Tommek: »Ihr seid ein Volk von Sachsen«. Zu Bert Papenfuß’ »Ark«-Dichtung vom Prenzlauer Berg
- H. Gustav Klaus: Spuren des Anarchismus im Werk von Herbert Read, Aldous Huxley und James Kelman
Anhang:
- Die Beiträgerinnen und Beiträger
- Personenregister
- Summary
Diesen Artikel haben wir am 07.07.2014 in unseren Katalog aufgenommen.